Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) gab im Dezember 2014 die sehr gute Broschüre Verantwortungsvolle Berichterstattung für ein gewaltfreies Leben heraus, an deren Erarbeitung auch der österreichische Presserat mitgewirkt hat. Im Artikel "Geschlechtsbasierte Gewalt und die Rolle von Medien" sprechen die Autorinnen Empfehlungen für eine verantwortungsvolle Berichterstattung aus, denen wir uns anschließen:

Differenziertes Bild: Vermitteln Sie ein umfassendes und differenziertes Bild von häuslicher Gewalt als gesellschaftliches (nicht individuelles Problem) und zeigen Sie Ausmaß und Bandbreite von geschlechterbasierter Gewalt auf.

 

Hinterfragen Sie journalistische Auswahlentscheidungen und erweitern Sie das Spektrum der Gewalttaten, über die berichtet wird. Gerade weniger spektakuläre Fälle bieten Betroffenen Anknüpfungspunkte. Berichte über die verschiedenen Gewaltformen und -dynamiken insbesondere der psychischen Gewalt helfen, Gewaltbeziehungen als solche zu identifizieren.

Hintergründe: Behandeln Sie gesellschaftliche Hintergründe von Männergewalt wie traditionelle Männlichkeitsbilder und die historisch gewachsene Ungleichstellung von Männern und Frauen, die bis heute den Boden für Gewalt bietet.

Gewalt betrifft alle: Machen Sie deutlich, dass geschlechterbasierte häusliche Gewalt in allen Bevölkerungsgruppen und sozialen Schichten vorkommt und vermeiden Sie Hinweise auf Herkunft oder Religion von Beteiligten, wenn diese im Kontext der Geschichte nicht relevant sind.

Lücken schließen: Recherchieren und berichten Sie auch über marginaliserte Gruppen, wie zum Beispiel Gewalt an Frauen im Pflegebereich, an älteren Frauen und Frauen mit besonderem Unterstützungsbedarf (Gehörlosigkeit, Lernschwierigkeiten, körperliche Behinderungen etc.). Greifen Sie auch marginalisierte Themen auf (z.B. prekäre finanzielle Situation von Frauenhäusern oder Hilfseinrichtungen, fehlende Anerkennung von geschlechterbasierter Gewalt vor Gericht, u.ä.m.).

Vorurteile nicht verstärken: Reduzieren Sie Gewalt in Familien mit Migrationshintergrund nicht auf kulturelle oder ethnische Faktoren, sondern thematisieren Sie strukturelle Hintergründe durch ungleiche Geschlechterverhältnisse und spezifische Belastungen durch Mehrfachdiskriminierung.

Zusatzinformationen: Erschließen Sie sich zusätzliche Informationsquellen neben Polizei und Justiz wie z.B. Frauenhäuser und Anti-Gewalt-Expert*innen aus der Forschung und Praxis, thematisieren Sie Gewalt an Frauen in unterschiedlichen Ressorts und unter verschiedenen Aspekten.

Kontexte: Betten Sie auch tagesaktuelle Fallberichte in einen größeren gesellschaftlichen Kontext ein, diskutieren Sie Hintergründe und Folgen, die Wirksamkeit von Gesetzen oder die Vorgangsweise von Institutionen und weisen Sie auf Hilfsangebote hin.

Begriffe: Benennen Sie Gewalt als Gewalt und überprüfen Sie Begriffe und Formulierungen auf mögliche unerwünschte Effekte wie Verharmlosung und Bagatellisierung. Unterlassen Sie insbesondere Formulierungen, die eine (Teil-)Schuldzuweisung an Betroffene auch nur andeuten könnten, um so sekundären Viktimisierungen entgegenzuwirken und Betroffene in ihrem Recht auf ein gewaltfreies Leben zu unterstützen.

Betroffene: Behandeln Sie Betroffene mit Respekt und unterstützen Sie durch realitätsgerechte Darstellungen. Stellen Sie sie nicht nur passiv, verwundet, ohnmächtig dar, sondern in ihrem Kontext. Frauen und ihre Kinder als Betroffene von Gewalt bewältigen Alltagssituationen unter ganz widrigen Umständen.

Vorbilder, Survivor-Frauen: Zeigen Sie auch positive Beispiele von Strategien zur Gegenwehr oder erfolgreiche Interventionen, z.B. von Verwandten oder Bekannten. Survivor-Frauen oder "Überlebende", die den Weg aus einer Gewaltbeziehung geschafft haben, können betroffene Frauen als Rollenvorbilder motivieren, ermutigen und bestärken. Zeigen Sie auch Beispiele, in denen Männer ihr gewalttätiges Verhalten überwunden haben.


Verantwortung: Schließen Sie gleichstellungs- und opferorientierte Jungen- und Männerarbeit sowie den Anteil der männlichen Bevölkerung mit ein. Klären Sie über politische und gesellschaftliche Verantwortung auf (zum Beispiel im Zusammenhang mit der Istanbul-Konvention, Budgets und Maßnahmen sowie Unterstützungsmöglichkeiten durch das soziale Umfeld).

Perspektiven: Berichten Sie auch über das Leben nach einer Gewaltbeziehung, über gleichgestellte und partnerschaftliche Beziehungen, über Perspektiven und Visionen eines Lebens frei von Gewalt.

Die vollständige Broschüre als PDF zum Download.

Zusätzlich möchten wir Sie auf die bereits 2011 erschienene Broschüre Sexualisierte Gewalt in den Medien. Anregungen zur Berichterstattung über Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung der DGfPI e.V. hinweisen. Anliegen der Broschüre ist es, Journalist*innen zu einer sensiblen und Grenzen achtenden Berichterstattung und kritischer Reflexion anzuregen, um sensationsheischende, sexualisierende oder pathologisierende Beiträge zu verhindern.

Für journalistische Nachfragen, Recherchen und Interviews zu häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt sowie zu Sexarbeit, stehen Ihnen in jeder Einrichtung von STARK MACHEN e.V. kompetente Ansprechpartner*innen gern zur Verfügung.

Die Leiterin der Landeskoordinierungsstelle CORA und Ansprechpartnerin für Presseanfragen ist Rena Sakowski.

Kernstück der Arbeit von CORA ist die Vernetzung und Kooperation von staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen bei der Bekämpfung häuslicher und sexualisierter Gewalt. CORA bietet darüber hinaus Fortbildungen, Vorträge und Praxisberatungen an.

Zielgruppe und Partner der Koordinierungsstelle ist das gesamte Hilfe-und Beratungsnetz bei häuslicher und sexualisierter Gewalt, Menschenhandel und Zwangsverheiratung sowie der Täterarbeit. CORA begleitet außerdem die Umsetzung des Dritten Landesaktionsplans gegen häusliche und sexualisierte Gewalt M-V.

CORA ist seit 2000 in der Bundeskonferenz der Landeskoordinierungsstellen und Interventionsprojekte gegen häusliche Gewalt (kurz KLK) vernetzt. Die Bundeskonferenz verknüpft die Entwicklungen in den einzelnen Bundesländern mit bundesweiten Strategien, realisiert einen regen Erfahrungsaustausch und beteiligt sich an der Weiterentwicklung vernetzter Strategien zur Bekämpfung häuslicher Gewalt.

Mit der regelmäßig erscheinenden Fachzeitschrift CORAktuell werden neue Herausforderungen und Entwicklungen in M-V publiziert und kostenfrei zur Verfügung gestellt.

CORA wird finanziert durch das Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung Mecklenburg-Vorpommern.

 

Die Kurzinfo als PDF

Was ist Stalking?


Stalking (§ 238 StGB) meint fortgesetztes Nachstellen, Verfolgen und Belästigen einer Person und kann eine Straftat sein.
Das ist dann der Fall, wenn die Handlungen geeignet sind, die Lebensgestaltung der betroffenen Person schwerwiegend zu beeinträchtigen.
In Mecklenburg-Vorpommern gilt seit 2009 ein Stalking-Erlass des Innenministeriums*, der sich inhaltlich am § 238 StGB orientiert. Darin wird anerkannt, dass eine Vielzahl von Stalking-Fällen „aus ehemaligen partnerschaftlichen Beziehungen“ resultiert. Stalking wird in M-V polizeilich dann als häusliche Gewalt eingestuft, wenn es innerhalb von bis zu 6 Monaten nach der Trennung geschieht.
*Erläuterungen zum Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen (Stalking-Erlass) vom 12.11.2009

 
Was umfasst Stalking?


Stalking kann im Allgemeinen als „Psychoterror“ beschrieben werden und im Rahmen von häuslicher Gewalt vorkommen. Meist stalken Ex-/Partner*innen. Dabei wird eine Person gegen ihren Willen verfolgt, belästigt oder bedroht und zwar bewusst und wiederholt. Stalkingfälle können sich manchmal über mehrere Jahre hinziehen. Stalking-Betroffene fühlen sich oft unsicher oder haben Angst.

Stalker*innen wollen wahrgenommen werden und fühlen sich aus unterschiedlichsten Gründen berechtigt, der anderen Person nachzustellen. Viele glauben, dass ihre Zielperson ihnen etwas angetan hat oder sie provoziert. Die betroffene Person soll deshalb Angst und Verzweiflung spüren.

Zu den belästigenden Stalkinghandlungen gehören unter anderem:

  • Nachlaufen
  • Telefonanrufe zu allen Zeiten
  • Ständige Präsenz in der Nähe der Zielperson
  • Kontaktaufnahme durch Briefe, SMS, E-Mails, soziale Medien
  • Eindringen in die Wohnung, Beschädigung von Eigentum
  • Hinterlassen ekelerregender Spuren, aber auch Geschenke
  • Drohungen und körperliche Angriffe
  • Bestellen von Waren/Dienstleistungen im Namen der Zielperson
  • Verleumdungen/Einbezug des sozialen Umfeldes
  • Drohungen, den Kindern etwas anzutun
  • Missbrauch der elterlichen Rechte, um in den Alltag einzugreifen



Cyberstalking

bedeutet, dass die Nachstellung vor allem im Internet passiert. Cyberstalking und Stalking in der realen Welt folgen ganz ähnlichen Mustern, denn auch beim Cyberstalking sind die meisten Tatpersonen Männer und die meisten Betroffenen Frauen. In sehr vielen Fällen ist eine (ehemalige) Partner*innenschaft der Auslöser für das Cyberstalking.

Cyberstalking kann verschiedene Formen annehmen:

  • falsche Tatsachen (Gerüchte, Verleumdungen) über die Betroffenen im Internet verbreiten
  • im Namen der Betroffenen Waren oder Dienstleistungen bestellen
  • intime Details oder Fotos der Betroffenen im Internet verbreiten
  • die Betroffenen oder deren Freund*innen, Kolleg*innen oder Verwandte über das Internet oder soziale Medien fortgesetzt kontaktieren oder bedrohen
  • die Identität der Betroffenen stehlen und bspw. falsche Nutzer*innen-Konten auf Kontaktbörsen einrichten
  • im Namen der Betroffenen im Internet Straftaten begehen oder androhen

 Fakten vs. Mythen


„Wird Stalking nicht von unbekannten Personen ausgeübt?“
Stalker*innen kommen aus allen sozialen Schichten und Altersgruppen. Etwa 80 % sind Männer, überwiegend im Alter zwischen 30 und 40 Jahren. Sie können ehemalige Beziehungspartner*innen, Freund*innen oder Kolleg*innen, Nachbar*innen, professionelle Kontakte oder sogar völlig unbekannte sein. Die meisten Fälle entwickeln sich jedoch aus einer früheren Beziehung oder Bekanntschaft.* Nur in etwa jedem fünften Fall ist die Tatperson eine gänzlich fremde Person.
*Dressing, Harald & Gass, P (2005): Stalking!:Verfolgung, Bedrohung, Belästigung. Verlag Hans Huber.

„Ist das nicht nur eine falsch verstandene Liebesgeste?“
Mit Liebe hat Stalking nichts zu tun. Stalker*innen suchen den Kontakt zu ihren Zielpersonen oft über einen längeren Zeitraum, auch wenn diese durchgängig und eindeutig den Kontakt ablehnen. Wie bei häuslicher Gewalt geht es den stalkenden Tatpersonen häufig darum, Macht über die betroffene Person auszuüben. Es gibt verschiedene Motive und Auslöser für Stalking. Die häufigsten sind: eine Trennung oder eine neue Partner*innenschaft der*des Betroffenen, Eifersucht, Macht- und Besitzansprüche, Kontrollverlust und Destabilisierung, Missgunst, Ärger, Wut und Rache.

„Gegen Stalking oder Cyverstalking kann man nichts ausrichten.“
Cyberstalking ist, genau wie Stalking und häusliche Gewalt, eine Straftat. Tatpersonen können unter anderem wegen Beleidigung, Bedrohung, übler Nachrede, Fälschung beweiserheblicher Daten, Nötigung oder Betrug angezeigt werden. Das Hilfenetz M-V und insbesondere die Interventionsstellen bieten Beratung für Betroffene an.

 

 

Material zu Stalking

Stalking - Informationsblatt für Betroffene
Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung, aktual. Ausg., Dezember 2017


Wege aus der häuslichen Gewalt - Was kann ich tun? Wer hilft mir?
CORA, Frauen helfen Frauen e.V. Rostock, 7. kompl. überarb. Aufl., November 2017

Häusliche Gewalt. Wie können Sie sich wehren? Wo bekommen Sie Hilfe? Informationen in Leichter Sprache
CORA, Stark Machen e.V., November 2020